Als Ingenieurin und ranghöchste Frau gibt sie jahrzehntelang bei Volkswagen im Bereich Qualitätskontrolle den Ton an. Die akademische Grundlage für ihren spektakulären Aufstieg legt Sibylle von Schieszl in Dresden, wo sie an der Technischen Hochschule Physik studiert und im Bereich Maschinenbau promoviert.
Promovierte Ingenieurin und Automobilmanagerin
Sibylle von Schieszl
1918 – 2010
Sibylle von Schieszl wird 1918 als Tochter von Martha und Walther Schieck, dem späteren letzten sächsischen Ministerpräsidenten der Weimarer Republik, in Dresden geboren. Im Jahr 1940 schreibt sie sich für den Studiengang Technische Physik an der TH Dresden ein.
1944 heiratet sie ihren Kommilitonen Karl Theodor Schieszl von Buda. Die gemeinsame Tochter muss Sibylle von Schieszl vier Jahre alleine aufziehen, da sich ihr Mann in russischer Kriegsgefangenschaft befindet. Unter schwierigsten Bedingungen forscht und lehrt sie am Physikalischen Institut sowie am Institut für Elektrochemie und Physikalische Chemie. 1948 promoviert die alleinerziehende Mutter über die Viskosität von Ölen zum Doktor der Ingenieurwissenschaften.
1952 flüchtet sie mit ihrer Familie aus der DDR, da sie mehrere Studenten vor einer drohenden politisch motivierten Verhaftung gewarnt hatte und ihr so selbst die Verhaftung drohte. In Mannheim findet Sibylle von Schieszl eine neue Arbeit im Zentrallabor der amerikanischen Streitkräfte. 1956 wechselt sie zur Volkswagen AG nach Wolfsburg, wo sie zunächst das Labor für anorganische Chemie leitet. 1972 wird Sibylle von Schieszl Hauptabteilungsleiterin der weltweiten Qualitätsförderung. Als ranghöchste Frau im Konzern macht sie sich in der gesamten männerdominierten Automobilbranche einen Namen.
Nebenbei engagiert sich die promovierte Ingenieurin für die internationale Vernetzung von Akademikerinnen. So ist sie Gründungsmitglied von „Soroptimist International“, einer Organisation, die sich dem Zusammenhalt und dem sozialen Einsatz berufstätiger Frauen weltweit widmet. 1990 zieht Sibylle von Schieszl zu ihrer Tochter nach Schweden. Dort stirbt sie 2010 im hohen Alter. Sibylle von Schieszl hält bis zu ihrem Tod Kontakt zu ihrer Alma Mater, die sie mehrfach mit ihrem VW Golf besucht.
Fotonachweis: Technische Universität Dresden, Universitätsarchiv (1, 4); Volkswagen Aktiengesellschaft (2, 3)